Eine Protestbewegung der Laien
Auch in der Donaumonarchie gab es Proteste gegen das I. Vatikanische Konzil.
Am 30. Juli 1870 löste Kaiser Franz Josef das 1855 mit dem Vatikan geschlossene Konkordat einseitig mit der Begründung auf, dass der Vertragspartner ein anderer – nämlich ein unfehlbarer – geworden sei.
Ignaz von Döllinger erhielt auch aus Österreich-Ungarn unzählige zustimmende Zuschriften von Privatpersonen, aber auch von politischen Vereinigungen und Gemeindevertretungen, die sog. "Döllingeradressen" verabschiedeten. Meist waren es Liberale, die dem Protest Döllingers beipflichteten.
Der österreichische Geistliche Alois Anton, der in der Wiener Konstitutionellen Vorstadtzeitung tätig war, schrieb Artikel, die nicht nur Döllingers Standpunkt vertraten, sondern auch auf Reformen innerhalb der römisch-katholischen Kirche drängten.
Die ersten Gemeinden entstehen
Gleichzeitig regte Anton die Errichtung einer "romfreien Kultusgemeinde" in Wien an.
An die 20.000 Menschen interessierten sich in dieser Stadt für diese neue Bewegung innerhalb der römisch-katholischen Kirche, die immer stärker zu werden drohte.
Die Erzbischöfe von Wien und Prag befürworteten trotz ihres Protestes auf dem Konzil diese neue Bewegung in ihrer Kirche nicht. So war es der Gemeinderat der Stadt Wien, der den Altkatholiken die Kapelle des Alten Rathauses zur Benutzung zur Verfügung stellten.
Weitere Gemeinden entwickelten sich in Ried in Oberösterreich und in Warnsdorf in Böhmen. Besonders in der reichen Industriestadt Warnsdorf blühte die altkatholische Gemeinde rasch auf.
In Ried sammelte sich die Gemeinde um den Seelsorger Dr. Josef Brader und bekam von der Gemeinde bald die 300 Jahre alte Heiligen-Geist Kirche zur Benutzung überlassen.
Nach langen Konflikten und vielen Zugeständnissen auf altkatholischer Seite wurde 1877 endlich die staatliche Anerkennung der Altkatholischen Kirche Österreichs erreicht.